Ausstellung im Museum.BL
Sonderausstellung: 22.5.–11.9.2022, Museum.BL
Medienmitteilung
Hanny Christens Sammlung gilt als einer der grössten musikgeschichtlichen Schätze des Alpenraums und als Inspiration für die Schweizer Volksmusik. Über 11`000 Instrumentalstücke sammelte die Liestalerin (1899–1976), auch «Musighanneli» genannt, in den Jahren 1930 bis 1960. Sie notierte bei Bauern und Musikanten in der ganzen Schweiz Noten und Tänze und schuf damit eine Sammlung, diein ihrem Umfang und ihrer Bedeutung einzigartig ist. Die Ausstellung «Musighanneli» im Museum.BL in Liestal beleuchtet Hanny Christens Werk, das vor zwanzig Jahren publiziert wurde und so den Wegaus einem Keller der Universitätsbibliothek Basel zurück auf die Schweizer Tanzbühnen fand.
Hanny Christen. Leidenschaftliche Sammlerin
Geboren am 3. August 1899 in Liestal, hat Hanny Christen der Schweizer Volksmusikszene eine Sammlung von unschätzbarem Wert hinterlassen: Ab 1938 sammelte Hanny Christen über 11`000 Volkstänze und Volkslieder. Sie war von der Vision angetrieben, die Schweizer Volksmusik in ihrer Ursprünglichkeit niederzuschreiben und in ihrer ganzen Vielfalt zu bewahren. Zuerst im Baselbiet und ab 1940 schweizweit reiste Hanny Christen mit Zug, Postauto und zu Fuss in die entlegensten Dörfer und fragte sich aufs Geratewohl durch. So lernte sie Bauern kennen, die ihr alte Stücke vorspielten. Sie notierte sich das Gehörte, kopierte von Musikanten deren Noten und, jeweils zurück in Basel, verschriftlichte und ordnete sie diese. Hanny Christen widmete all ihre Zeit dem Sammeln von Volksmusik. Obschon sie ausgebildete Kindergärtnerin war, nie heiratete und keine Kinder hatte, durfte sie nicht berufstätig sein. Die Liestalerin stammte aus einer Baselbieter Industriellenfamilie, «Beton-Christen» aus Muttenz, und es geziemte sich nicht, dass eine Frau aus gutbürgerlichem Haus einer Erwerbsarbeit nachging. Aus Freude an der Volksmusik – und vermutlich auch, um nicht ganz untätig zu sein – verschrieb sich Hanny Christen diesem Hobby, das zu ihrer Lebensaufgabe wurde. Nebst den Tänzen und Liedern sammelte sie auch volkskundliche Betrachtungen wie Bräuche und Sagen. Ihr umfangreicher Nachlass wird heute im Staatsarchiv Basel-Landschaft bewahrt.
Die Sammlung. Ein Sensationsfund
Hanny Christens Werk fand zu Lebzeiten nicht die verdiente Anerkennung. Zwar war das «Musighanneli» in der Volksmusikszene bekannt, doch als Person, die dezidiert ihre Ansichten äusserte und eine klare Vorstellung davon hatte, wie Volksmusik klingen musste, eckte Hanny Christen häufig an. In Wissenschaftskreisen wollte man ihre volkskundlichen Schriften nicht wirklich gelten lassen und nach mehr als zwanzig Jahren eifrigster Sammeltätigkeit gab Hanny Christen in den frühen 1960er-Jahren resigniert auf. Sie übergab ihre ganze Sammlung der Universitätsbibliothek Basel, wo sie lange unberührt im Keller lagerte.
1991 entdeckte der Schweizer Musiker und Komponist Fabian Müller Hanny Christens Werk und erkannte es als Sensationsfund. Aussergewöhnlich war, dass eine einzige Person derart viele Stücke aus fast allen Kantonen der Schweiz zusammengetragen und ein solch umfassendes Abbild der Schweizer Volksmusik in ihrer Vielfalt geschaffen hatte. Während rund zehn Jahren bearbeiteten und editierten Fabian Müller und sein Team Hanny Christens Sammlung und publizierten vor zwanzig Jahren die elfbändige «Schweizer Volksmusik Sammlung». Diese gilt als das Standardwerk der Schweizer Volksmusik und als einer der grössten musikgeschichtlichen Schätze des Alpenraums.
Die Ausstellung. Musik und Tanz
Die Ausstellung «Musighanneli. Die Volksmusik-Sammlerin Hanny Christen» im Museum.BL gibt zum ersten Mal einen Einblick in die umfangreiche Sammlung von Hanny Christen. Sie zeigt anhand von Originaldokumenten, wie die Liestalerin auf ihren Reisen beim Sammeln vorging. Die Ausstellung macht sich auf Spurensuche nach der Person, die diesen Schatz von über 11'000 Volksmusikstücken zusammengetragen hat. Denn Privates ist über das «Musighanneli» nur wenig bekannt. Es kommen Menschen zu Wort, die sich intensiv mit Hanny Christen beschäftigt haben, wie etwa Fabian Müller, der Wiederentdecker der Sammlung oder die Musikethnologin Silvia Delorenzi-Schenkel, die die umfangreichen Tonaufnahmen von Hanny Christen wissenschaftlich aufgearbeitet hat. Eine digitale Jukebox lässt verschiedene Volksmusik-Formationen aufspielen, die sich von Hanny Christens Noten inspirieren lassen und zeigt auf, wie gross ihr Einfluss auf zeitgenössische Musikerinnen und Musiker ist. Denn neben eher traditionell gespielten Tänzen sind auch neue, experimentelle oder jazzartige Stücke zu hören. Auf einem Tanzboden können sich die Besucherinnen und Besucher schliesslich selbst im Volkstanz versuchen und in einem per Videoscreen angeleiteten Tanzkurs entweder einen klassischen Paartanz erlernen oder die Schritte zu einem modernen Line Dance einstudieren.
Begleitprogramm zur Ausstellung: siehe Flyer oben an der Seite
Impressum Ausstellung
Projektleitung, Konzept Konzept und Ausführung: Pit Schmid Atelier Degen+Meili, Basel: Jennifer Degen, Lukas Meili;Caroline Schmidt, Zürich
Gestaltung und Grafik Bildung und Vermittlung: Caroline Schmidt, Zürich Simone Ochsner
Öffentlichkeitsarbeit Medienpartner: Daniela Rohr Basellandschaftliche Zeitung, bz
Bilder zur Ausstellung: Torben Weber © Museum.BL
Fachpersonen für Medienanfragen
Fabian Müller, +41 78 642 95 22, Komponist und Herausgeber der Hanny Christen-Sammlung, Mitglied der Hanneli-Musig
Silvia Delorenzi-Schenkel, +41 91 862 22 61, Musikethnologin, bearbeitete die Audio-Dokumente der Hanny Christen-Sammlung
Annerose und Fritz Krey, +41 76 541 42 80 (Annerose Krey), +41 61 601 55 33 (Fritz Krey)
Initianten der Ausstellung «Musighanneli» und Mitautoren des Buchs «Hanny Christen. Ein Leben für die Volksmusik» (Juni 2022)
Johannes Schmied-Kunz, + 41 79 232 49 02, Volksmusik-Experte und Mitglied der Hanneli-Musig
Dieter Ringli, +41 77 254 08 46, Dr. phil. Musikethnologe, Spezialist für Schweizer Volksmusik